Lumineszenzlabor
Das Heidelberger Lumineszenzlabor wurde im Sommer 2007 von der ehemaligen Forschungsstelle Archäometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften in die Trägerschaft der Universität Heidelberg überführt. Das Labor dient der optischen Datierung von Sedimenten und Gesteinsoberflächen sowie der wissenschaftlichen und technologischen Weiterentwicklung der Methode der optisch stimulierten Lumineszenzdatierung.
Methode | Aktuelle Publikationen | Projekt-Kooperationen |
Das Heidelberger Lumineszenzlabor kooperiert in wissenschaftlichen Projekten, in denen die Datierungsmethode dazu eingesetzt wird, ein zeitliches Gerüst für die beobachteten Landschaftsveränderungen zu erstellen, die durch Klimawandel oder menschliches Einwirken verursacht sein können. Als Archive zur Rekonstruktion der Landschaftsgeschichte dienen dabei zumeist äolische, fluviale oder kolluviale Sedimente. Die Sedimentarchive als Schlüssel zum Verständnis der Vergangenheit spielen bei geomorphologisch oder geoarchäologisch ausgerichteten Projekten die wesentliche Rolle (siehe Fallbeispiele unten). Bei stärker archäometrisch orientierten Fragestellungen werden auch vom Menschen errichtete oder bearbeitete Bauwerke analysiert (Beispiel 1 Aqaba). In allen Fällen geht man davon aus, dass die Lumineszenzuhr zum Datierungszeitpunkt durch Lichteinwirkung auf Null gesetzt wurde und infolge anschließenden Lichtabschlusses seither erneut läuft.
Auswahl aktueller Projekte | Auswahl abgeschlossener Projekte |
Mit der nachfolgenden Auswahl von Projektbeispielen wird anhand von Fallbeispielen gezeigt, wie Lumineszenzdatierungen gewinnbringend in geomorphologischen, geoarchäologischen und archäometrischen Projekten eingesetzt werden können.
Projekt des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI):
Aqaba, Jordanien – Tall Hujayrat al-Ghuzlan
Leitung:
Prof. Dr. phil. Ricardo Eichmann & PD Dr. Klaus Schmidt, Orient Abteilung
Sachbeihilfefinanzierung:
DFG (2005 - 2007)
Antragsteller:
Prof. Dr. phil. Ricardo Eichmann (DAI, Berlin), PD Dr. Klaus Schmidt (DAI, Berlin), Prof. Matthias Grottker (FH Lübeck)
Teilprojekt:
Lumineszenzdatierung an den Bewässerungsanlagen des Tall Hujayrat al Ghuzlan (10.2006-09.2007)
Aqaba-Abb. 1: Luftbildaufnahme im Bereich des Tall Hujayrat al Ghuzlan bei Aqaba, Jordanien (Quelle: DAI). Archäologische Grabungen und C14-Datierungen belegen eine intensive Siedlungstätigkeit für den Zeitraum 3900-3500 v. Chr. Der Siedlungshügel (Tell) ist von einer Vielzahl von Wasseranlagen (Brunnen, Wasserverteiler) umgeben. Es stellt sich die Frage, ob die Wasseranlagen zeitgleich mit dem Tell oder aber zu unterschiedlichen Zeiten angelegt wurden. Dieser Fragestellung soll mithilfe der im Heidelberger Lumineszenzlabor in Entwicklung befindlichen Methode der ortsaufgelösten OSL-Oberflächendatierung nachgegangen werden.
Aqaba-Abb. 2: Testbohrungen an granitischen Steinen der Wasserbauanlagen im Umfeld des Tall Hujayrat al Ghuzlan bei Aqaba, Jordanien in der Feldkampagne Februar/März 2005 durch Dr. Clemens Woda und Prof. Matthias Grottker.
DFG-Projekt:
Neolithisch-kupferzeitliche Tellsiedlung bei Uivar/Rumänien
Finanzierung:
DFG (1998 - fortlaufend)
Leitung:
Prof. Dr. Wolfram Schier – Lehrstuhl für Vor- & Frühgeschichte, Universität Würzburg/Institut für Prähistorische Archäologie (Ur- und Frühgeschichte), FU Berlin (Würzburg/Berlin)
Prof. Dr. Florin Drasovean (Timisoara, Rumänien)
Uivar-Abb. 2: Blick in eine ausgehobene Grube ~130 m nördlich des Tell, mit einer Abfolge von hellerem siltig-sandigem Alluvium im Liegenden, dunklerem, tonigerem und vermutlich durch kolluvialen Eintrag beeinflusstes Alluvium in der Mitte und hellerem, wiederum siltigerem Alluvium am Top des Profils. In ~100 Entfernung zum Siedlungshügel wurde in prähistorischer Zeit eine ringförmige Grabenanlage (vgl. geomagnetische Karte von Becker (2002)) in den basalen, vornehmlich siltig-sandigen Alluvionen angelegt. Mittels OSL-Technik datiert die Ablagerung der liegenden Alluvionen ~6.5 ka vor heute, in die Zeit für die mittels C14-Datierungen (Radiokohlenstofflabor der Heidelberger Akademie der Wissenschaften) auch die Anlage von Gräben belegt ist. Es scheint, dass der Mensch die Siedlung zu einer Zeit zu errichten begann, da die fluviale Aktivität mit Akkumulation von Gerinnesanden endete. Da für denselben Zeitraum vergleichbare Beobachtungen auch an einer weiteren Tell-Lokalität am Teleorman-Fluß im südlichen Rumänien gemacht wurden (Bailey et al. 2002, Antiquity 76, 349-355; SRAP), erscheint eine klimatische Steuerung der fluvialen Aktivität und ihres Endes wahrscheinlich. Dies wiederum könnte das im Vergleich zum südlicheren Balkan und Mediterranraum späte Auftreten von Tells in der Region erklären.
Publikationen/Präsentationen:
Chronology of Holocene environmental changes at the tell site of Uivar, Romania, and its significance for late Neolithic tell evolution in the temperate Balkans
. Poster presentation, 36th International Symposium on Archaeometry (ISA), Quebec City, Canada, 2-6 May 2006.- Kadereit, A., Sponholz, B., Rösch, M., Schier, W., Kromer, B., Wagner, G.A., 2006. Chronology of Holocene environmental changes at the tell site of Uivar, Romania, and its significance for late Neolithic tell evolution in the temperate Balkans. Zeitschrift für Geomorphologie N.F., Suppl.-Vol. 142: 19-45.
DFG-Schwerpunkt Programm 1171:
Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse zur Genese und Entwicklung frühkeltischer Fürstensitze und ihres territorialen Umlandes
Finanzierung:
DFG (2004 - fortlaufend)
Leitung:
Prof. Dr. Christopher Pare (Institut für Vor- und Frühgeschichte, Universität Mainz)
Glauberg-Abb. 1: Unterhalb der Wallanlage (oben: Schrägschichtung aus hellerem und dunklerem, vom Menschen aufgebrachtem Sediment) des früh-keltischen Fürstensitzes liegt ein nach makroskopischen Merkmalen zweigeteiltes Kolluvium (unten). Im Gegensatz zum unteren Kolluvium ist das obere Kolluvium reich an Holzkohleflittern. Zudem scheint am Top des unteren Kolluviums eine alte Landoberfläche ausgebildet und bis zur Ablagerung des oberen Kolluvium eine Phase geomorphodynamischer Ruhe bestanden zu haben. Hierauf deuten die von der Grenzfläche ins untere Kolluvium ausgehenden Wurzelspuren (nachträglich mit Sediment verfüllte Hohlräume). Die OSL-Datierungen weisen darauf hin, dass das obere Kolluvium im Zeitraum der Errichtung der keltischen Befestigungsanlage abgelagert wurde.
Glauberg-Abb. 2: Die im Vergleich zur früh-keltischen Anlage jungen C14- und OSL-Alter der Grabenfüllung vor der Wallanlage belegen, dass der Graben noch bis ins Mittelalter offen blieb.
Publikationen/Präsentationen:
- Kadereit, A., 2006. Lumineszenzdatierungen am Glauberg. Oral presentation, Der Glauberg in keltischer Zeit, Zum neuesten Stand der Erforschung, Öffentliches Symposium 14.–16. September 2006.
- Kadereit, A., Dehner, U., Hansen, L., Pare, C., Wagner, G.A., 2006. Geoarchaeological studies of man-environment interaction at Glauberg, Wetterau, Germany. Poster presentation, 36th International Symposium on Archaeometry (ISA), Quebec City, Canada, 2-6 May 2006.
- Kadereit, A., Dehner, U., Hansen, L., Pare, C., Wagner, G.A., 2006. Geoarchaeological studies of man-environment interaction at the Glauberg, Wetterau, Germany. Zeitschrift für Geomorphologie N.F., Suppl.-Vol. 142, 109-133.
- Kadereit, A., 2008. Lumineszenzdatierung an Sedimenten des Glaubergs.- In: Hessisches Landesmuseum Darmstadt / Landesamt für Denkmalpflege Hessen Archäologie und Paläontologie (Hrsg.), Der Glauberg in Keltischer Zeit. Zum Neuesten Stand der Forschung, Öffentliches Symposium 14.-16. September 2006 Darmstadt, Fundberichte aus Hessen, Beiheft 6 (2008), Wiesbaden: 227-257.
BMBF-Schwerpunkt:
Neue naturwissenschaftliche Technologien in den Geisteswissenschaften (NTG)
Projekt-Verbund
Neue Technologien für die Archäologie: der BMBF-Projektverbund Nasca, Peru
(geleitet von Markus Reindel & Günther A. Wagner):
Projekt Prof. Günther A. Wagner (Forschungsstelle Archäometrie, Heidelberger Akademie der Wissenschaften): Lumineszenzdatierung
. Das Projekt erfolgte in enger Kooperation mit einem weiteren geomorphologischen Projekt (Prof. Dr. B. Eitel, Geographisches Institut, Universität Heidelberg, Geomorphologisch-bodenkundliche Untersuchungen zur Rekonstruktion der Klima- und Landschaftsentwicklung im Umfeld der ehemaligen Siedlungsflächen der Nazca-Kultur, Peru
).
Finanzierung:
BMBF (2002 - 2007)
Leitung:
Günther A. Wagner
Die OSL-Datierungen finden in enger Zusammenarbeit mit dem C14-Datierungen ausführenden Radiokohlenstofflabor der Heidelberger Akademie der Wissenschaften statt.
Peru-Abb. 1: Nächtliche OSL-Probennahme an einem Aufschluß entlang der Panamericana-Sur. Beprobt werden hier Gerölle aus den Pedimenten, die vom westlichen Andenfuß ins Becken von Nasca-Palpa in der Atacama-Wüste reichen, wo sie von den ebenfalls in den Anden entspringenden Fremdlingsflüssen tiefgreifend zerschnitten werden. Die Proben dienen der Entwicklung und Adaption der Methode der Oberflächen-OSL-Datierung an quartären Sedimenten.
Für das Arbeitsgebiet Palpa-Nasca kommt dem Bolivienhoch (s.u., Peru-Poster, Kadereit et al. 2006) eine hohe Bedeutung als paläoklimatischem Steuerungselement zu. Auf Grundlage entsprechender Literaturrecherche (siehe Literaturangaben, Peru-Poster-1) wurde dies auf der Feldkonferenz Development and Adaptation of Archaeometrical Technologies for the Investigation of the Cultural History of Palpa
von A. Kadereit 2004 im Vortrag OSL-Datierungen an Sedimenten zur Landschafts-, Klima- und Siedlungsgeschichte von Palpa
vorgestellt, gemeinsam mit Lumineszenzaltern, die für eine starke Geomorphodynamik zur Zeit der Kleinen Eiszeit sprachen und vermutlich durch La-Nina ähnliche Paläoklimabedingungen hervorgerufen wurden, die monsunal ausreichend Feuchtigkeit aus dem Amazonasgebiet nach Westen ins Untersuchungsgebiet transportieren. In der anschließenden Diskussion wurden diese Ideen heftig kritisiert, da man zu dieser Zeit davon ausging, dass das Gebiet seit der Nasca-Zeit geomorphologisch nicht mehr überformt worden war. Allerdings wurde der Hinweis auf ausgeprägte fluviale Geomorphodynamik der in den Anden entspringenden Fremdlingsflüsse während der Kleinen Eiszeit durch unabhängige 14C-Alter auf der Feldkonferenz von I. Unkel unterstützt. Später wurde die Idee, dass das Bolivienhoch die Paläoumweltbedingungen in der Region Palpa-Nasca maßgeblich mitbestimme, in einer Doktorarbeit übernommen und bis heute als wesentliches Erklärungsmodell für Studien in der Region benutzt.
Publikationen/Präsentationen:
- Kadereit, A., 2004: OSL-Datierungen an Sedimenten zur Landschafts-, Klima- und Siedlungsgeschichte von Palpa. Oral presentation, BMBF/SLSA field conference "Development and Adaptation of Archaeometrical Technologies for the Investigation of the Cultural History of Palpa" 18 – 19 September 2004, Palpa, Peru.
- Kadereit, A., 2007: Kaltes Leuchten aus den Sedimenten einer heissen Wüste: Lumineszenzdatierung erhellt den Gang der Landschaftsgeschichte in der Atacama. Oral presentaion, BMBF concluding conference, Wissenschaftszentrum Bonn, 14.-15 Juni 2007, Panel 4, Chronometrie.
- Kadereit, A., Eitel, B., Unkel, I., Mächtle, B., Schukraft G., 2006: OSL-dated loess-deposits from the eastern Atacama desert-margin (14-15°S), Peru: Evidence of Holocene humid periods and enhanced South American summer monsoon, International Workshop
Lower Latitudes Loess – Dust Transport Past and Present.
Poster presentation, Lanzarote, Canary Islands, Spain, 6 – 10 March 2006, sponsored by UNESCO-IGCP 500, INQUA Project 0509Lower Latitudes Loess
, INQUA Dryland Dating Group. - Kadereit, A., Greilich, S., Woda, C., Wagner, G.A., 2005: Spatially resolved luminescence dating of sediments: First Steps. Poster presentation, 11th International Conference on Luminescence and Electron Spin Resonance Dating (LED 2005), Cologne.
- Unkel, I., Kadereit, A., Mächtle, B., Eitel, B., Kromer, B., Wagner, G.A., Wacker, L., 2007: Dating methods and geomorphic evidence of palaeo-environmental changes at the eastern margin of the South Peruvian coastal desert (14°30’ S) before and during the Little Ice Age. Quaternary International 175, 3-28, doi:10.1016/j.quaint.2007.03.006.
- Kadereit, A., Greilich, S. Woda, C., Wagner, G.A., 2009: Cold light from the sediments of a hot desert: How luminescence dating sheds light on the landscape development of the north-eastern Atacama. In: Natural Science in Archaeology, Reindel, M., Wagner, G.A. (Eds.), New Technologies for Archaeology. Multidisciplinary Investigations in Palpa and Nasca, Peru, Chapter 15, 245-270, Springer.
Finanzierung:
DFG (2001 - 2004)
Leitung:
Prof. Dr. Bernhard Eitel (Heidelberg)
Namibia-Abb. 1: Im oberen Einzugsgebiet des Hoanib-Flusses, NW-Namibia, werden die Beckenböden weitflächig von lößartigen, feinkörnigen Sedimenten verfüllt. Anders als äolisch verfrachteter Löß wurden diese Sedimente aber vom Fluß in der Talaue abgelagert. Das gut sortierte, feinkörnige Alluvium wird als Flutauslaufsediment (river end deposits) interpretiert, das im Gegensatz zur heutigen Geomorphodynamik unter stark abgeschwächter fluvialer Dynamik zur Ablagerung kam. Damit sind die REDs ein Schlüsselarchiv zur Rekonstruktion ariderer Klimaverhältnisse in der Vergangenheit.
Namibia-Abb. 2: Die Amspoort-Silte haben einen Galeriewald aus Akazien verschüttet, der in einer nachfolgenden Phase mit Erosion wieder freigelegt wurde. OSL-Datierungen stellen die Zeit der Aufschüttung in Übereinstimmung mit C14-Datierungen an den fossilen Bäumen in die "Kleine Eiszeit", die damit offensichtlich trockenere Klimabedingungen aufwies als gegenwärtig beobachtet.
Publikationen:
- Eitel, B., Kadereit, A., Lomax, J., Hilgers, A., Blümel, W.-D., 2005. A chronology of fluvial dynamics of the Hoanib River, NW-Namibia, based on optically stimulated luminescence dating, poster presentation, 11th International Conference on Luminescence and Electron Spin Resonance Dating (LED 2005), Cologne
- Eitel, B., Kadereit, A., Blümel, W.-D., Hüser, K., Kromer, B., 2005. The Amspoort Silts, northern Namib desert (Namibia): Formation, age and palaeoclimatic evidence of river-end deposits. Geomorphology 64, 299-314. doi:10.1016/j.geomorph.2004.07.006
- Eitel, B., Kadereit, A., Blümel, W.-D., Hüser, K., Lomax, J., Hilgers, A., 2006. Environmental changes at the eastern Namib Desert margin before and after the Last Glacial Maximum: New evidence from fluvial deposits in the upper Hoanib River catchment, northwestern Namibia. Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 234, 201-221. doi:10.1016/j.palaeo.2005.10.015