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Lumineszenzdatierung an Gesteinsoberflächen der wasserwirtschaftlichen Anlagen des Tell Hujayrat al-Ghuzlan, Aqaba, Jordanien

Der Tell Hujayrat al-Ghuzlan und seine wasserwirtschaftlichen Anlagen

Der Tell Hujayrat al-Ghuzlan ist ein inmitten des Schwemmfächers des Wadi al-Yutum (Südjordanien) gelegener Siedlungshügel (Abb. 1 & 2), der in das ausgehende Chalkolithikum und die frühe Bronzezeit datiert (3.900 - 3.500 cal BC). Die Siedlung ist eine der ältesten bekannten in der Region um Aqaba und zählt aufgrund der Gesamtbefund- und Fundlage zu einem der bedeutendsten Fundplätze in der Archäologie Vorderasiens. Seit 1998 erfolgt im Zuge des ASEYM-Projektes (Archaeological Survey and Excavation at Wadi al-Yutum an Magass Area), einem Gemeinschaftsprojekt des DAI, Orientabteilung, sowie der University of Jordan, Amman, Department of Archaeology, die systematische Erforschung des prähistorischen Siedlungshügels.

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Abb. 1 Geographische Lage des Siedlungshügels (Karte: Google Maps)

In unmittelbarer Umgebung des Tells existieren eine Vielzahl obertägig sichtbarer Steinstrukturen, die als Reste einer sich über große Flächen erstreckenden Bewässerungsanlage interpretiert werden, die einst die Kultivierung dieser extrem ariden Landschaft ermöglichte. Die Anlage umfasst ein komplexes System von Brunnenanlagen zur Grundwasserförderung, Kanälen zur Wasserverteilung, Wasserspeicheranlagen sowie Terrassenanlagen (Abb. 2, 3 & 4). Sie wird in Zusammenarbeit mit M. Grottker und B. Heemeier von der FH Lübeck, Labor für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik, untersucht (vgl. GROTTKER 2004). Bisher ungeklärt ist die zeitliche Einordnung der Bewässerungsanlagen. Zwar wird ein funktionaler Zusammenhang mit der chalkolithischen Siedlung vermutet, allerdings gibt es bisher keine stratigraphischen bzw. chronometrischen Belege, die diese Hypothese stützen. Mittels optisch stimulierter Lumineszenz (OSL-) Datierung der Gesteinsoberflächen der wasserwirtschaftlichen Anlagen, die innerhalb des ASEYM-Projektes am Lumineszenzlabor des Geographischen Instituts der Universität Heidelberg erfolgt, soll daher geklärt werden, ob eine zeitliche Korrelation zwischen beiden Anlagen besteht.

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Abb. 2 Der Siedlungshügel und die wasserwirtschaftlichen Anlagen (Folie C. Woda 2005, Luftbildaufnahme DAI, Orientabteilung)


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Abb. 3 Teile des Terrassensystems mit deutlich sichtbaren Steindämmen (Photo M. Grottker 2004)


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Abb. 4 Reste eines Steindammes, womöglich mit der Funktion als Leitdamm, östlich des Tells (Photo M. Grottker 2004)


Bisherige Datierungsansätze von Bewässerungssystemen

Bisherige Ansätze zur OSL-Datierung von Bewässerungsanlagen beruhen auf indirekten zeitlichen Einordnungen dieser Bauwerke. Mit der Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen werden Sedimente eingebracht. Die darin enthaltenen Feldspäte und Quarze können mittels OSL datiert und damit der Ablagerungszeitpunkt dieser Minerale bestimmt werden. In al-Haraja, Wadi Bayhân (Süd-Yemen) wurde dieser Ansatz erfolgreich durch IRSL-Datierungen an K-Feldspäten aus den in den Kanalanlagen abgelagerten Schwemmsedimenten angewandt (BALESCU et al. 1998). An Bewässerungsstrukturen im Wadi Sana (Yemen) erfolgte die zeitliche Einordnung mittels OSL an unterlagernden Sedimenten (HARROWER 2006). Entsprechend dem Beprobungskontext und der Fragestellung können jedoch nur Mindest- oder Maximalalter dieser Anlagen eingegrenzt werden.

Lumineszenzdatierung an Gesteinsoberflächen

Im Rahmen der OSL-Datierung der wasserwirtschaftlichen Anlagen am Tell Hujayrat al-Ghuzlan soll ein anderer Weg beschritten werden, der die direkte chronometrische Einordnung der Strukturen erlaubt. Hierfür soll die hoch aufgelöste optisch stimulierte Lumineszenz (HR-OSL) eingesetzt werden, eine neue Methode, die an der ehemaligen Forschungsstelle Archäometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften entwickelt wurde (HABERMANN 2000, HABERMANN et al. 2000, WAGNER et al. 2003, GREILICH 2004, GREILICH et al. 2005). Hierbei wird der letztmalige Belichtungszeitpunkt einer Gesteinsoberfläche bestimmt, indem Dosis und Dosisleistung direkt an Mineralen im petrographischen Verband ermittelt bzw. gemessen werden. Für eine HR-OSL-Datierung bieten zum einen möglichst große Mineralkörner mit hoher interner Dosisleistung, wie auch die K-reichen Feldspatminerale des in den wasserwirtschaftlichen Anlagen verbauten Granits, günstige Voraussetzungen. Bisher wurden HR-OSL-Datierungen mit viel versprechenden Ergebnissen u. a. an den Geoglyphen von Palpa/Peru durchgeführt (GREILICH et al. 2005).

Die Datierung der wasserwirtschaftlichen Anlagen: Probennahme und Voruntersuchungen

Eine umfassende Beprobung der hydrotechnologischen Anlagen für eine OSL-Oberflächendatierung erfolgte im Februar/März 2005 durch C. Woda (GSF Neuherberg) und M. Grottker (Abb. 5). Dabei wurden gezielt feldspathaltige Proben der Gebäudestrukturen des Tells selbst sowie der umliegenden Kanalsysteme entnommen (Abb. 6). Die Probenpräparation und -aufbereitung im Dunkellabor ist bereits abgeschlossen. Parallel dazu fand die Aufbereitung von Probenmaterial für makrodosimetrische Messungen statt (Gammaspektrometrie). Derzeit werden Untersuchungen zur Bestimmung der optimalen Stimulations- und Detektionsparameter für die Oberflächendatierung, Tests zum Bleichverhalten sowie dose recovery tests durchgeführt. Nach Abschluss der Voruntersuchungen kann die HR-OSL-Datierung an den wasserwirtschaftlichen Anlagen vom Tall Hujayrat al-Ghuzlan erfolgen, deren Ergebnis dann weitere Aussagen zur Organisation und zur Bedeutung der Siedlung am Golf von Aqaba zulässt.

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Abb. 5 Probenahme (Photo C. Woda 2005)


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Abb. 6 Beprobter Stein mit Bohrlöchern (Photo C. Woda 2005)


Literatur
  • Balescu, S., Breton, J.-F., Coque-Delhuille, B., Lamothe, M., 1998, La datation par luminescence des limons de crue: une nouvelle approche de l'étude chronologique des périmètres d'irrigation antiques du Sud-Yémen, C. R. Acad. Sci. Paris, Sciences de la terre et des planètes/Earth & Planetary Sciences 327, 31-37.
  • Greilich, S., 2004, Über die Datierung von Gesteinsoberflächen mittels optisch stimulierter Lumineszenz, Dissertation der Universität Heidelberg.
  • Greilich, S., Glasmacher, U. A. and Wagner, G. A., 2005, Optical Dating of granitic stone surfaces, Archaeometry 47 (3), 645-665.
  • Grottker, M., 2004, Wasserwirtschaftliche Anlagen am Tell Hujayrat al-Ghuzlan, Aqaba, Jordanien, ImpulsE 9, Heft 1, 50-55.
  • Habermann, J., 2000, Untersuchungen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflächen, Dissertation der Universität Heidelberg.
  • Habermann, J., Schilles, T., Kalchgruber, R. und Wagner, G. A., 2000, Steps towards surface dating using luminescence, Radiation Measurements 32, 847-851.
  • Harrower, M. J., 2006, Environmental Versus Social Parameters, Landscape, and the Origins of Irrigation in Southwest Arabia (Yemen), Dissertation of the Ohio State University, Department of Anthropology.
  • Wagner, G. A., Greilich, S. und Kadereit, A., 2003, Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit, Physik Unserer Zeit, 34. Jahrgang (4), 160-166.
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Letzte Änderung: 23.10.2018
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