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Forschungsprojekt

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Geoökologische Untersuchungen der Weidenutzung des Araukarienwaldes innerhalb ländlicher Faxinal Siedlungen in Paraná (Südbrasilien)

Die Fragestellung des Forschungsprojekts „Sistema Faxinal – Eine nachhaltige Nutzungsform der Araukarienwälder? Geoökologische Untersuchungen in Paraná, Südbrasilien.“ entstand 2004 in Zusammenarbeit mit der brasilianischen Arbeitsgruppe Faxinal unter Leitung von Prof. Dr. Cicilian LÖWEN SAHR und Prof. Dr. Wolf-Dietrich SAHR an der UEPG (Universidade Estadual Ponta Grossa). Die Forschungsarbeiten begannen im Frühjahr 2005 und werden voraussichtlich Anfang 2009 abgeschlossen sein.

Projekthintergrund

Im Kontrast zur wachsenden, agro-industriellen Landwirtschaft im Bundesstaat Paraná steht das Faxinal System für eine traditionelle, kleinbäuerliche Wirtschafts- und Lebensform. Im Zuge der ländlichen Entwicklung Brasiliens erfahren diese extensiven Produktionsweisen ein zunehmendes Interesse im Hinblick auf die Armuts- und Landfluchtproblematik, so dass ihr Erhalt bzw. ihre Förderung verstärkt zur regionalpolitischen Objektive wird. Ebenso geht es um die Bewahrung einer Kulturlandschaft, wie sie die südbrasilianische Gesellschaft in über 100 Jahren hervorgebracht hat, und die mehr und mehr ihr touristisches Potential erkennen lässt. Zudem droht die Ausweitung der modernen Agrarwirtschaftsflächen den natürlichen Flächen- und Artenbestand des Araukarienwaldes in Südbrasilien auszulöschen. Von einer extensiven Nutzungsform wie dem Faxinal sind folglich ökologisch weniger gravierende Auswirkungen bzw. neue Impulse für den Erhalt einer Kulturlandschaft sowie die Sicherung der Einkommensquelle einer kleinbäuerlichen Bevölkerungsgruppe zu erwarten. Vornehmliche Absicht der Forschungsarbeit ist es demnach, das Grundlagenwissen über das Human-Ökosystem Faxinal zu erweitern und seine Nachhaltigkeit aus geoökologischer Sicht abzuschätzen. Dazu werden in drei Faxinais unterschiedlicher Regionen vor allem vegetationsgesellschaftliche und pedologische Parameter ausgewertet, um Kenntnis über die Nutzungsauswirkungen auf das Ökosystem Araukarienwald zu gewinnen.

Arbeitsgebiet

Die Araukarienwälder stellen mit ihrem namensgebenden Vertreter Araucaria angustifolia die potentielle, natürliche Vegetation der Hochländer Paranás in der Region Südbrasilien dar. Die drei Planaltos untergliedern sich durch ihre unterschiedliche geologische Entstehung, das jeweils anstehende Gestein bietet die entscheidende Grundlage für regional abweichende Reliefgenese, Bodenbildung und Pflanzenwachstumsbedingungen. Folglich wurden Faxinais mit Standorten auf quarzreichen Migmatiten präkambrischen Alters, paläozoische Sedimentiten sowie kretazische Deckenbasalten zum Vergleich herangezogen (siehe Abb. 1).
Die Nutzungsform des Faxinal ist vermutlich auf Einflüsse europäischer Immigranten Anfang des 20. Jahrhunderts zurückzuführen, die meist in kleinen, familiären Gruppen ein gemeinschaftlich organisiertes Waldweidesystem errichteten. Sämtliche Nutztiere werden frei in einem von Zäunen oder Gräben begrenztem Weidegebiet gehalten, um das criadouro comum verteilen sich die Ackerflächen. Diese nehmen meist höhere Hang- und Kuppenlagen ein, hingegen stehen die Wohnhäuser innerhalb der beweideten Wälder im Talgrund entlang der Wasserläufe. Die potentielle Vegetation eines natürlichen Araukarienwaldes findet sich an der Begrenzung des inneren Faxinal, über einen lichten Wirtschaftswald erfolgt die Sukzession bis zu Graswiesen nahe der Wohnhäuser (siehe Abb. 2). Von den Bewohnern wird eine Subsistenzwirtschaft betrieben, die vor allem durch Erlöse der Matetee-Produktion aus natürlichen Ilex paraguariensis Vorkommen und der Extraktion von Bau- und Nutzholz ergänzt wird.

Gegenwärtiger Kenntnisstand der Arbeiten
Abbildung: Geologischer Schnitt durch den Bundesstaat Paraná

Abb. 1: Geologischer Schnitt durch den Bundesstaat Paraná mit Angabe der geologischen Gesteinsabfolge und den drei Untersuchungsgebieten Faxinal Saudade Santa Anita, Faxinal Anta Gorda und Faxinal Sete Saltos de Baixo. Quelle: Eigene Abbildung stark verändert nach GREINERT & HERDT 1987, IBGE 1998 und MINEROPAR 2001. Originalgröße

Abbildung: Faxinal Sete Saltos de Baixo mit Landnutzungsklassifikation

Abb. 2: Blick in östliche Richtung über das Faxinal Sete Saltos de Baixo mit Landnutzungsklassifikation des criadouro comum.

Abbildung: Geoökologische Karte

Abb. 3: Geoökologische Karte mit Vegetations- und Bodenklassifizierung. (Eigener Entwurf für Geländearbeiten 2006)

Die bisher erarbeiteten Daten wurden in Karten (siehe Beispiel Abb. 3) und digitale Geländemodelle übertragen und lassen folgende, vorläufige Feststellungen zu: Auf den mesozoischen Basalten des dritten Planaltos sind Ferralsols anzutreffen, sie unterscheiden sich je nach topographischer Lage in Humic Ferralsols (in flachem Gelände) und Acric Ferralsols (in steileren Hanglagen). Auf dem zweiten Hochland haben sich am Untersuchungsstandort Cambisols über Ton- und Schluffstein herausgebildet. Die geländebedingte Variation des Bodentyps fällt hier aufgrund der schwächeren Reliefenergie geringer aus, es lassen sich jedoch Haplic und Humic Cambisols ausmachen. Acrisols konnten auf den Quarziten und granitischen Gneisen beschrieben werden, Humic Arcrisols wurden in den flacheren Reliefpositionen identifiziert. Die Böden im Talgrund aller drei Faxinal Standorte ähneln sich in ihrem Erscheinen und ihren Eigenschaften, sie sind als Gleysols und Fluvisols anzusprechen. Aus Sicht der landwirtschaftlichen Nutzung weisen alle angetroffenen Böden ähnliche Eigenschaften auf, im Allgemeinen herrschen saure pH-Werte, niedrige Kationenaustauschkapazitäten und Basensättigungen sowie kaolinitische Tonminerale vor. Diesen negativen Indikatoren für die Bodenfruchtbarkeit steht der relativ hohe Anteil an organischem Material im Oberboden entgegen, der die Hauptquelle für Pflanzennährstoffe bzw. für deren Bindung darstellen dürfte. Im Falle einer dauerhaften Degradation des Waldökosystems, gleichbedeutend mit Unterbindung des Eintrags an organischem Material, besteht, neben der Erosionsgefahr, das erhöhte Risiko einer verstärkten Verarmung an Nährstoffen für den Boden. Aufschluss über den Degradationsgrad der, in den jeweiligen Faxinais angetroffenen Vegetation geben die durchgeführten pflanzengesellschaftlichen Erhebungen, deren vorläufige Auswertung auf deutliche Unterschiede zwischen den Untersuchungsgebieten hinweist. So ist beispielsweise Araucaria angustifolia als charakteristischer Vertreter der natürlichen Vegetation nur noch im Faxinal Saudade Santa Anita anzutreffen. Die vergleichende Luftbildauswertung der Jahre 1980 und 2004 zeigt, dass die Verbreitung quasi-natürlicher Vegetation zu Gunsten von lichten Waldgebieten, Grasflächen und sogar Ackerflächen innerhalb des gemeinschaftlich genutzten Weideareals deutlich abgenommen hat. Es ist also auch im extensiven Nutzungssystem des Faxinal auf eine Gefährdung des Naturraums durch nicht-nachhaltige Bewirtschaftung hinzuweisen.

Seitenbearbeiter: Webmaster-Team
Letzte Änderung: 29.12.2018
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