Universitätssiegel
Ansprechpartner:
- Prof. Bernhard Eitel

Finanzierung:
- DFG (2005–2007)
 

Forschungsprojekt

Die Ugab-Terrassen in Westnamibia: Datierung mittels kosmogener Nuklide und landschaftsgeschichtliche Interpretation.

(IGCP 500: "Drylands: Past, Present and Future")

Zusammenfassung

Das Ugab-Tal in W-Namibia begrenzt die Flächennamib (sog. Randstufenlücke) nach Norden. Reste einer bis >100 m mächtigen z. T. konglomeratisch-fanglomeratischen Verfüllung des Tals reichen von der Randschwelle (ca. 1600 m ü.M.) ca. 100 km weit in die Küstenwüste hinein und bilden - mehr oder weniger erodiert - die sogenannten Ugab-Terrassen. Das Ziel ist es, mit Hilfe kosmogener Nuklide (26Al, 10Be, 21Ne) erstmals den Sedimentaufbau am Ugab und die partielle Wiederausräumung zu datieren. Mit dem Einsatz und der Erprobung neuer geochemischer Methoden (21Necos) sollen die bisherigen Kenntnisse zur Klima- und Reliefentwicklung in den afrikanischen Randtropen im Jungtertiär/Eopleistozän präzisiert werden (Mega-Kalahari-Phase (?) bis plio-pleistozäner Klimaumschwung) und Korrelationen mit ähnlichen Ablagerungen in benachbarten Becken und Talzügen (Swakop-Kuiseb und Westrand des Kalaharibeckens) überprüft werden.

Projektskizze

Die Erforschung des südwestlichen Afrikas ist dominiert durch deutsche Forschungsleistungen, deren Tradition bis in die frühe Phase des Landeserkundung in der deutschen Kolonialzeit zurückreicht. Der Forschungsstand zur geomorphologisch-sedimentologischen und morphotektonischen Entwicklung des Ugab-Einzugsgebiets beruht daher überwiegend auf Forschungen deutscher Geowis-senschaftler. Das Zitieren zahlreicher deutschsprachiger Arbeiten beruht somit nicht auf Unkenntnis internationaler Publikationen, sondern auf der Intensität, mit der von Deutschland aus in Namibia gearbeitet wurde.

Abb. 1: Die Verbreitung der tertiären Decksedimente in Namibia (Eitel 1994a; Walvis Bay war inzwischen an den Staat Namibia, unabhängig seit 1990, übergeben worden) und das Arbeitsgebiet mit den Resten der ehemaligen Talfüllung im mittleren Ugab-Einzugsgebiet. Die Pfeile indizieren mögliche Schüttungsrichtungen für die tertiären Decksedimente, die carbonatisch zementiert sind und von pedogenen Kalkkrustenkomplexen bedeckt sind. Obwohl hier in einer gemeinsamen Signatur dargestellt, ist es nicht sicher, ob die Bildungen am Kuiseb mit denen am Ugab und jenen im westlichen Kalaharibecken zeitlich zu korrelieren sind. Im geplanten Forschungsvorhaben sollten die Bildungen am Ugab untersucht und datiert werden.

Der Ugab, eines der größten ephemeren atlantiktributären Abflußsysteme in Westnamibia, begrenzt die Flächennamib (Kaiser 1926) nach Norden.
Auch als Mittlere Namib bekannt, stellt dieser Bereich der Westabdachung Namibias eine vom Rand des Kalahari-Beckens nach Westen zum Atlantik reichende konvex gespannte Rumpffläche dar. Sie wird überwiegend aus metamorphen Schiefern des präkambrischen Damara-Gürtels gebildet. Im Zuge des Zerfalls von Gondwana sind vorwiegend granitoide Plutone oberjurassischen und kretazischen Alters in die Schiefer intrudiert (Stollhofen 1999). Diese Plutone überragen heute als Inselberge die Rumpffläche. Die Besonderheit dieses Abschnitts liegt zudem darin, dass keine Randstufe entwickelt ist, die sonst den Übergang von der Namib Kü-stenwüste nach Osten zum semiariden Kalaharihochbecken (ca. 1600 m ü.M.) morphologisch kennzeichnet. Diese Sonderstellung hat zahlreiche Geologen und Geomorphologen beschäftigt (z. B. Krenkel 1928, Abel 1959, Hüser 1979, 1989, 1991, Weber & Raab 2003).

Abb. 2: Schematische Abbildungen zur Verdeutlichung einer möglichen tektonischen Anlage des Ugab-Tals. Oben die konvexe Anlage der Rumpffläche in West-Ost-Richtung mit Erklärung der Ugab-Gramadullas (des Wüstenschluchtenreliefs) und der Ausweitung des Flusseinzugsgebiets (bevorzugter Sedimentationsraum) talaufwärts, unten die Verbiegung der Flächennamib in Nord-Süd-Richtung und die tektonische Vorzeichnung des Ugab-Tals (n. Weber & Raab 2003).

Kennzeichnend ist für die Randstufenlücke eine bevorzugte Abtragung, die auf verstärkte Hebung (Hüser 1989) zurück geführt wird (Omatako-Schwelle bzw. Omatako-Graben im Bereich des Zentralnamibischen Rifts; vgl. Eitel 1996, Weber & Raab 2003). Unter humidem Klima erfolgte in der Oberkreide und im Alttertiär eine großflächige Denudation, die alle älteren Landformen zerstörte und zu einer fast idealen Rumpffläche führte, die nur von einzelnen Inselbergkomplexen über-ragt wird. Die Sedimentation des Abtragungsmaterials off-shore und die resultie-rende Auflast auf dem Schelf einerseits, sowie die abtragungsbedingte isostatische Hebung andererseits werden als Ursache für die Hebung und die konvexe Verbiegung on-shore gesehen (Weber & Raab 2003). Dabei war die Hebung am stärksten entlang einer W-E-Achse im Zentrum der Randstufenlücke. Im Vorfeld der kontinentalen Randschwelle am Süd- (Swakop-Einzugsgebiet) und Nordrand der Randstufenlücke (Ugab-Einzugsgebiet) entwickelten sich daher besonders große Talsysteme (Abb. 2). Das System des Ugab wurde - mit einiger Wahrscheinlichkeitam Ende des Tertiärs (s.u.) - durch mächtige Ablagerungen verfüllt und nachfol gend partiell wiederaufgedeckt, wodurch die bis ~ 100 m mächtigen sogenannten Ugab-Terrassen entstanden (das "Monument-Valley Namibias", Abb. 3 bis 5).

Die langfristige Denudations- und Sedimentationsgeschichte ist nicht nur von geomorphologischem bzw. paläoklimatischem Interesse (vgl. Gilchrist et al. 1994). Die Prospektion von Kohlenwasserstofflagerstätten auf dem Schelf vor der süd-westafrikanischen Küste (z. B. Kudu-Gasfeld vor Südnamibia) steht in engem Zusammenhang mit der syn- und post-Riftsedimentation und damit der Abtragung an Land. Nach Funden vor Südnamibia wird derzeit verstärkt auch das Potential vor der mittleren Namib untersucht (Kukulus & Henk 2004).

 

Abb. 3 und 4: Die Vingerklip als der wohl markanteste Rest der ehemaligen Ugab-Talfüllung mit dem konglomeratischen Charakter der Sedimente, die oberflächennah in eine pedogene Kalkkruste übergehen (Größenmaßstab durch die Person, unten). Rechts der Blick von der Vingerklip talabwärts zum Namib-Rand mit isolierten "Tafelbergen".

Die erste detaillierte geomorphologische Studie zum Ugab-Tal publizierte Mabbutt (1952), in der er bereits versuchte, die sedimentologischen Charakteristika der Ugab-Terrassen genetisch und paläoklimatisch zu interpretieren. Er verband die verschiedenen Fazies der Sedimente mit ephemerer fluvialer Dynamik, was zu-sammen mit der carbonatischen Matrix der Ablagerungen auf semiaride Klimabedingungen weist. Neuere Untersuchungen der pedogenen Kalkkrusten auf den Ugab-Terrassen (Eitel 1994) betonen den dolomitischen Charakter der Matrix im Ugab-Haupttal und den davon klar zu unterscheidenden calcitischen Charakter der Ablagerungen derselben Sedimentationsphase nördlich des Haupttals.

Abb. 5: Die Ugab-Talfüllung im Süden der Vingerklip mit Farm Bertram.

Völlig unklar ist bis heute die Altersstellung der Ugab-Terrassen. Bislang wurde vergeblich nach datierbarem Material gesucht. Mabbutt (1952) vermutet aufgrund sandiger Fazies an der Basis der Ablagerungen eine erste Sedimentationsphase schon im Eozän, Blümel & Eitel (1994) halten eine mio-pliozäne Bildung des Gesamtkomplexes für wahrscheinlich. Der Datierung kommt auch deshalb eine zen-trale Bedeutung zu, da bereits Mabbutt (1952) darauf hinwies, dass die Ugab-Verfüllung das Ende der letzten großen Feuchtphase im südwestlichen Afrika widerspiegelt. Dies wird auch von Blümel & Eitel (1994) so gesehen und mit der Etablierung der Benguela-Auftriebszirkulation vor der südwestafrikanischen Küste verknüpft. Das Upwelling entstand aber über einen Zeitraum von 10 - 15 Mio. Jahren, ein Zeitraum, der kaum für den Aufbau der Ugab-Tterrassen notwendig war.

Als geomorphologisches Zeugnis der letzten großen Feuchtperiode im südwestlichen Afrika stellen die Ugab-Talfüllungen ein wichtiges Geoarchiv dar. Völlig unklar ist der Bezug der Sedimentation zu der Mega-Kalahari-Phase (Thomas 1987) im Jungtertiär (ca. 5 Mio. J.v.h.). In dieser Phase sind die Grundlagen des Decksedimentaufbaus im südwestlichen Afrika bis weit nach Angola und bis ins südli-che Kongobecken gelegt worden (Shaw & Goudie 2002). Die Datierung der Ugab-Terrassensedimente erlaubt erstmals, den entscheidenden landschaftsgeschicht-lichen Wechsel der Ökosysteme vom Feuchten zum Trockenen genauer zu fassen und zu untersuchen und mögliche Korrelationen zu Sedimentationsereignissen im südlichen Afrika herzustellen:

So streichen beispielsweise im Raum Outjo die Ugab-Füllungen nach Osten auf die Randschwelle aus und in gegenläufiger Weise endet die Kalahari-Beckenfüllung von Osten nach Westen auf der Randschwelle. Noch fehlt die Überprüfung der These, dass die obersten Folgen der Kalahari-Gruppe (tertiäre Beckenfüllung) mit den Ugab-Füllungen zeitlich und genetisch (?) korrelieren (Blümel & Eitel 1994).

Gleiches gilt für die sedimentologisch sehr ähnlichen Karpfenkliff-Konglomerate am Kuiseb. Diese wurden aufgrund von geomorphogenetischen Plausibilitätsüberlegungen mit der Kalahari Gruppe und den Ugab-Terrassen zeitlich verknüpft (Blümel & Eitel 1994), obwohl ihre Alterstellung höchst fraglich ist. Wäh-rend Ward (1990) und Weber & Raab (2003) die sogenannten Karpfenkliff-Konglomerate ins mittlere Miozän stellen, belegen Datierungen mit Hilfe kosmo-gener Nuklide eine viel jüngere, pliozäne Sedimentation (Van der Wateren & Du-nai 2001). Wie sind in diesem Zusammenhang die Ugab-Terrassen zu verstehen?

Es ist also festzuhalten: Geologisch-tektonische Studien haben inzwischen recht präzise Vorstellungen zur morphotektonischen Entwicklung der zentralen Namib erbracht. Die einzigen, möglicherweise korrelaten Sedimente des Gebiets sind bis heute unzureichend erforscht. Sie bieten die Chance, nicht nur die Vorstellungen zur endogenen Steuerung der Formung in der mittleren Namib zu überprüfen, sondern auch wesentliche neue Erkenntnisse zur Landschafts- und Klimageschichte des südwestlichen Afrikas zu erarbeiten. Dies trifft in ganz besonderem Maß auf die ehemaligen Ugab-Talfüllungen zu. Ihre mangelhafte Erforschung steht in Kontrast zum Bekanntheitsgrad und der touristischen Magnetwirkung der Terrassenreste, die überaus markante Landmarken darstellen.

Hier setzt das Forschungsvorhaben an. In Zusammenarbeit mit Dr. Tibor Dunai (Universität Amsterdam) sollen mit Hilfe kosmogener Nuklid-Analysen die Sedimente datiert werden. Die Methode wurde bislang erst ein einziges Mal im südwestlichen Afrika erfolgreich eingesetzt (Van der Wateren & Dunai 2001). Mit der Kooperation soll nicht nur ein wesentlicher Erkenntnisfortschritt in der landschaftsgeschichtlichen Rekonstruktion geleistet werden. Es geht auch darum, weitere Erfahrungen zu sammeln, inwieweit und in welchem geomorphologischen Zusammenhang kosmogene Nuklide zur Datierung von alten Sedimentkörpern (nicht nur Festgesteinsoberflächen) herangezogen werden können. Damit wird ein Zeitfenster für die geomorphologische Forschung geöffnet und Prozesse werden interpretierbar, die bislang nur sehr schwer chronometrisch zu fassen waren.

Seitenbearbeiter: Webmaster-Team
Letzte Änderung: 14.06.2020
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