Neue Publikation über Lumineszenzdatierung zur Bestimmung von Bodenentwicklungsraten in den Tropen
Gemeinsam mit den Lumineszenzlaboren der Universitäten Melbourne in Australien und São Paulo in Brasilien sowie weiteren Wissenschaftsinstitutionen hat das Heidelberger Lumineszenzlabor (heiLUM) Datierungen mittels optisch stimulierter Lumineszenz (OSL) an tropischen Böden durchgeführt, um Bodenneubildungsraten in den Tropen abzuschätzen. Untersucht wurden Standorte in Südost-Brasilien und Amazonien sowie, von Heidelberger Seite, in Kamerun nahe Akonolinga. Mithilfe der OSL-Datierungen wurden die Raten ermittelt, mit denen Termiten, Ameisen und andere Bio-Ingenieure Material aus dem chemisch verwitterten Untergrund mechanisch an die Bodenoberfläche transportieren und dort gegebenenfalls zu Termitenhügeln auftürmen, bis diese verlassen und durch natürliche Erosion u. a. durch Wasser verspült werden und das Material in unmittelbarer Umgebung wieder zur Ablagerung kommt. Hierdurch ergibt sich eine parautochthone Sedimentation. Die Höhe des Lumineszenzsignals ist ein Indikator für das Alter einer Probe. Während sich, hervorgerufen durch natürliche Radioaktivität des umgebenden Substrats und abgeschirmt von Tageslicht im Untergrund, ein latentes Lumineszenzsignal in den Mineralkörnern aufbaut (untersucht wurden Quarze der Sandkorngröße), wird das Signal an der Geländeoberfläche unter Tageslichteinfluss gelöscht. Durch Ablagerung weiterer, jüngerer Lagen von verspültem Material, werden die darunterliegenden Lagen wieder vor Tageslicht abgeschirmt, so dass sich das zuvor gelöschte Lumineszenzsignal erneut aufbauen kann. Anhand der Höhe des latenten Lumineszenzsignals, welches im Labor ausgelesen wird, kann der Zeitpunkt der Überdeckung und Abdunkelung und somit das Alter der Proben bestimmt werden. Tropische Böden bzw. tropical yellow to red earth (TYRE), wie sie in der Studie genannt werden, sind ein komplexes Produkt u. a. von tiefgreifender chemischer Verwitterung und mechanischer Bioturbation in Oberflächennähe. Die Bildungsrate von TYRE in Oberflächennähe, bestimmt durch OSL-Datierungen, wurde aus der Literatur zusammengetragenen Werten der chemischen Tiefenverwitterung und aktuellen Aufhäufelungsraten durch Bodenbioingenieure gegenübergestellt. Die Aufbauraten von TYRE von ca. 100 Millimetern pro Jahrtausend (100 mm/ka) entsprechen größenordnungsmäßig denen der Bioturbatoren, während die Raten chemischer Tiefenverwitterung um eine bis zwei Größenordnungen geringer sein können. Da die Bioturbatoren aber auf vorverwittertes Material angewiesen sind, kann die chemische Verwitterung einen begrenzenden Einfluss auf die TYRE-Bildungsraten haben. Da tropische Böden zunehmendem Nutzungsdruck u. a. durch Intensivlandwirtschaft ausgesetzt sind, was zu deren Erosion und sonstiger Degradierung führen kann, sind Kenntnisse über Neubildungsraten sehr wichtig. Während u. a. Luft, Wasser und Ökosysteme als schützenswerte Ressourcen mittlerweile im Bewusstsein vieler Menschen sind, ist dies bei der begrenzten und nur langsam erneuerbaren Ressource Boden bisher kaum der Fall. Die aktuelle Studie soll zur Schärfung des Bewusstseins hierfür beitragen. Der vollständige Artikel kann im Journal Earth-Science Reviews eingesehen werden:
https://doi.org/10.1016/j.earscirev.2024.104804
Abb.: Lower and Upper TYRE separated by stone line at the site AK-Y near Akonolinga in southern Cameroon during field work and OSL sampling