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Exkursionen


Große Exkursionen Mittlere/ kleine Exkursionen

2013: Schwaben und Franken

– Regionale Märkte sind sozial konstruiert. Die Beispiele der Gastronomie, Kreditwirtschaft, Kfz-Vertrieb sowie der Holzwirtschaft in Schwaben und Franken

Leitung: Dr. Michael Handke

Was ist eine Region? Wer definiert ihre Grenzen? Wer hat eigentlich Interesse daran, dass es regionale Grenzen gibt? Diesen Fragen gingen Studierende auf einer fünftägigen Exkursion im östlichen Schwaben und westlichen Mittelfranken nach. Wie sich zeigte kann die Wirtschaftsgeographie vielfältige Antworten auf die Fragen geben. Die Teilnehmer lernten während der Exkursion ganz unterschiedliche, sozial konstruierte Regionen kennen, und sie befragten Wirtschaftsakteurer verschiedener Branchen über ihren Blick auf regionale Märkte. Die Region des Nördlinger Rieses z.B. ist geologisch und topographisch klar abgrenzbar. Oder doch nicht? Dürfen Gastronomen, deren Gasthof z.B. fünf km außerhalb des Riesbeckens liegt, überhaupt mit der Regionalbezeichnung Ries werben? Darüber ist gegenwärtig im östlichen Schwabenland ein emotionaler Streit entbrannt. Und eine Lösung scheint noch nicht in Sicht. Einen anderen Streit trugen einige Kilometer weiter östlich Genossenschaftsbanken im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen aus. Obgleich sich diese Banken untereinander auf ein Regionalprinzip geeinigt haben, das regionalen Wettbewerb unter den Kreditinstituten begrenzen soll, gibt es zwei Banken, die sich nicht daran halten. Sie bedrängen oder verdrängen eine kleinere Genossenschaftsbank. Bei Sparkassen scheint das Regionalprinzip dagegen besser zu funktionieren. Und dann waren da noch Autohändler im regionalen Markt. Bis vor kurzem konnte sich z.B. ein Fordhändler in Weißenburg noch sicher sein, dass kein anderer Autohändler in der Region Neuwagen dieser Marke zum Verkauf anbietet. Erneut regulierte ein Regionalprinzip den Wettbewerb. Doch nun existiert es nicht mehr. Seit 2002 dürfen prinzipiell sogar BMW-Fachhändler die Marke Ford verkaufen. Wie geht der besagte Fordhändler mit dem neuen Wettbewerb um? Und schließlich existiert auch im regionalen Markt für Holz ein Regionalprinzip. Hier treffen Mittelfranken und Schwaben aufeinander. Wer darf welches Holz zu welchem Sägewerk liefern? Dem Sägewerk ist das eigentlich egal. Aber es profitiert vom Regionalprinzip der Waldbesitzervereinigungen. Es kann mehrere Akteure gegeneinander ausspielen und den Preis drücken. Also genau das Gegenteil, was bei den anderen Regionalprinzipien der Untersuchungsregion geschieht. Die Expertengespräche in den einzelnen Branchen machten den Teilnehmern der Exkursion sehr deutlich, dass ökonomische Regionen stets soziale Konstrukte sind, die von intentionalen Akteuren durch ihr tägliches Handeln immer wieder aufs Neue reproduziert, aber ach hinterfragt werden.

2012: Ostalb

– Wertschöpfung im Maschinenbau

Leitung: Dipl. Geogr. Robert Panitz

Exkursionen dienen dazu, erlernte Theorie in der Realität beobachten zu können, diese kritisch zu hinterfragen und ihre Grenzen aufzuzeigen.
In der Wirtschaftsgeographischen Literatur werden oftmals die Vorteile von Agglomerationsräumen hervorgehoben. Die Ostalb Exkursion forderte diese Sichtweise heraus indem Unternehmen in einem dünn besiedelten und peripheren Gebiet mit scheinbaren Agglomerationsnachteilen untersucht wurden und deren Art und Weise wie sie diesen Nachteilen begegnen.
Dieses wurde speziell unter den Gesichtspunkten regionaler Wertschöpfungsketten und unternehmerischer Zusammenarbeit im Bereich des Maschinenbaus untersucht.
Mit Hilfe von Besuchen einer regionalen Wirtschaftsvertretung (IHK) und eines historischen Erzbergwerks wurde zunächst der allgemeine regionale Kontext erschlossen und die Wurzeln einer starken regionalen Ausrichtung im Bereich des Maschinenbaus diskutiert. Mit Hilfe von Unternehmensbesuchen und Interviews mit Unternehmern und Verantwortlichen der Maschinenbaubranche erhielt man Einblicke in unternehmensinterne und -externe Prozesse, welche regional verflochten sind.
Es zeigte sich, dass gerade in dieser peripheren Region mit Hilfe von Institutionen Transaktionskosten gesenkt und Unsicherheiten in unternehmensübergreifenden Prozessen überwunden werden können. Ebenso konnte gezeigt werden, dass das Thema des Fachkräftemangels in der Region präsent ist und in einem scheinbaren regionalen Wettbewerb um Fachkräfte mündet. Durch neue Formen sozialer Arbeitsteilung und deren Intensivierung scheinen flexiblere Modelle zu entstehen, die den regionalen Unternehmen des Maschinebaus bessere Möglichkeiten bieten die vorhandenen Ressourcen (Arbeits- und Fachkräfte, Wissen etc.) abzuschöpfen und untereinander aufzuteilen.
Insgesamt konnte mit dieser Exkursion gezeigt werden, dass scheinbare Nachteile der Peripherie überwunden werden können und manche Unternehmen durch neue Formen der Zusammenarbeit gar Vorteile aus ihrer geographischen Lage in dieser peripheren Region ziehen.

2012: Westmittelfranken

– Agglomerationsvorteile im ländlichen Raum (Das Pinselcluster Bechhofen) sowie ein von Blaualgen bedrohter Fremdenverkehr im Fränkischen Seenland

Leitung: Dr. Michael Handke

Die Exkursion nach Westmittelfranken widmete sich der Historischen Geographie im ländlichen Raum und machte sich anhand zweier Beispiele auf die Spurensuche nach dem Erfolg lokal organisierter wirtschaftlicher Interaktionen.
Das erste Beispiel betrifft die weiter zurückliegende Vergangenheit: Die Kleinstadt Bechhofen erarbeitete sich Anfang des 19. Jahrhunderts einen Ruf als Zentrum des europäischen Pinselmacherhandwerks. Fast ein Jahrhundert lang beherrschten Bechhofer Firmen den Markt. Einzelne Betriebe spezialisierten sich auf bestimmte Fertigungsstufen und unterhielten wie in einem Industriedistrikt enge Beziehungen zu spezialisierten lokalen Zulieferern. Jedoch nur wenige Firmen haben bis heute überlebt. Welche Spuren einer industriedistriktartigen Pinselherstellung sind heute noch sichtbar? Was können Zeitzeugen von der wirtschaftlich florierenden Zeit der Branche berichten? Was waren die Gründe für den Niedergang des Pinselclusters? Wie haben die überlebenden Unternehmen die Krise ihrer Branche gemeistert?
Das zweite Beispiel bezieht sich auf die jüngere Vergangenheit: Westmittelfranken war lange Zeit von der Landwirtschaft dominiert. Auch heute noch bestimmen Äcker und Weiden das Landschaftsbild. Doch viele Landwirte haben sich im Tourismussektor ein zweites Standbein aufgebaut. Der Ausbau der Region zu einem Naherholungsgebiet – dem Fränkischen Seenland – hat wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen. Allerdings ist der Ausgang der Entwicklungen ungewiss. Einerseits haben verregnete Sommer die Einnahmen der Gastronomie der Region wiederholt ‚ins Wasser fallen lassen‘. Zum anderen weisen die Seen der Region Anzeichen von Übernutzung auf. Düngemittel aus den umliegenden Feldern werden durch den Regen in die Seen gespült, und Blaualgenplagen haben die Behörden dazu veranlasst, temporäre Badeverbote auszusprechen. Wie lässt sich eine nachhaltige Nutzung der Seen, die öffentliche Güter darstellen, koordinieren?
Diesen Fragen gingen die Teilnehmer der Exkursion mit Hilfe von Expertengesprächen nach und wurden durch vielfältige Meinungen und Erfahrungen regionaler Akteure zu wirtschaftsgeographischem Wissen verdichtet.

2012: Schwarzwald

– Der Markt für Holz

Leitung: Dr. Michael Handke

Der Markt für Holz ist in Bewegung. Zunehmend bestimmen Skaleneffekte die Effizienz der Holzverarbeitung. Auch gewinnt Holz als Energieträger eine immer größere Bedeutung. Die Nachfrage steigt, und mit ihr der Preis. Doch wer bewegt das Holz? Woher kommt es? Wohin wird es geliefert? Wie beeinflussen hohe Transportkosten den regionalen Charakter des Marktes für Holz? Diesen Fragen ging Studierende der Heidelberger Wirtschaftsgeographie in einer Lehrstudie im Schwarzwald nach.
Nach klassischer ökonomischer Lehre koordiniert der (Gleichgewichts-)Marktpreis auf perfekten Märkten die Entscheidungen und das Handeln der Marktteilnehmer. Eine soziologische Marktlehre geht demgegenüber davon aus, dass perfekte Märkte nicht existieren und dass Markttransaktionen weniger durch den Preis, als vielmehr durch gegenseitige Abhängigkeiten in Wertschöpfungsketten und über persönliche Beziehungen zwischen den Marktteilnehmern koordiniert werden.
Wie den Teilnehmern der Exkursion in Expertengesprächen mit Waldbesitzern, Sägewerken und Holzverarbeitern deutlich wurde, kennt der Markt für Holz vielfältige Preisbildungsprozesse: Es werden Auktionen organisiert, langfristige Lieferverträge ausgehandelt oder auch kurzfristige Anfragen unausgelasteter Sägewerke gestellt und bedient. Aussagen darüber, zu welchem Zeitpunkt Holzbestände veräußert werden, wer dabei die Preise verhandelt und welche Überlegungen dabei mit einfließen, lassen sich kaum verallgemeinernd treffen. Der Markt wird durch den Preis bestimmt, aber noch immer spielen enge Beziehungen zwischen Anbietern und Nachfragern eine wichtige Rolle. Spannend wird es für alle Marktteilnehmer immer dann, wenn Sturmereignisse oder Borkenkäferkalamitäten den Markt durcheinander bringen. Vor allem hier zeigen sich die Vorteile enger Beziehungen und zahlt sich Vertrauen in Partnerschaften aus.

2011: Heilbronn-Franken

– Regionalplanung und Regionalentwicklung

Leitung: Dipl. Geogr. / M.A. Laura Suarsana

Ziel der Exkursion war es, einen Einblick in die Praxis der Regionalentwicklung zu geben, in dahinter stehende Akteurs- und Organisationsstrukturen und in verschiedene Modelle lokaler institutioneller Steuerung. Dies wurde vermittelt am Beispiel der Region Heilbronn-Franken, welcher durch die zentrale Lage zwischen den angrenzenden großen Ballungsräumen Süddeutschlands aus regionalpolitischer Perspektive starke Konkurrenz im „Wettbewerb der Regionen“ gegenübersteht. Mit einerseits stark ländlich geprägten Teilräumen, andererseits einer hohen Dichte an Weltmarktführern und Dynamik im industriellen Bereich weist die Region große wirtschaftliche Vielfalt auf.
Im Rahmen der Exkursion wurden prägende Charakteristika und Herausforderungen der Region aus wirtschaftsgeographischer Sicht veranschaulicht sowie Akteure und Institutionen vorgestellt, welche durch regionale oder kommunale Planungs-, Entwicklungs- und Fördermaßnahmen auf diese Einfluss zu nehmen suchen. Neben Experten aus dem öffentlichen Sektor und städtischen Vertretern wurden dabei auch jene des privatwirtschaftlichen und des zivilgesellschaftlichen Sektors und ihre Sicht auf regionale Standortfragen und Entwicklungsprobleme einbezogen. Damit konnten verschiedene Ansätze zu städtischer Quartiersentwicklung und endogener Regionalentwicklung, insbesondere im ländlichen Raum, veranschaulicht werden. Weiterhin wurden anhand der praktischen Einblicke clustertheoretische Fragestellungen, das Konzept unternehmerischer Embeddedness sowie Formen und Bedingungen von intersektoralen Kooperationen vermittelt.

Seitenbearbeiter: Webmaster-Team
Letzte Änderung: 26.09.2018
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