Vom (Geo-)Archäologiestudium zur Deutschen Bahn
Mario Ranzinger gab im Rahmen des Workshops „Berufsperspektive Geographie – Arbeitsmarkt und Einstiegsmöglichkeiten“ am 26.01.2024 einen spannenden Einblick in seine Tätigkeit als Referent in der Kampfmittelräumung bei der Deutschen Bahn: „Ich bin da mit Geoarchäologie eigentlich so ein bisschen das Einhorn drin.“
von Lina Peters, Gonzalo Navas und Anna Bader
Werdegang
Seine Ausbildung hat Mario Ranzinger 2010 in Bamberg mit dem Studium zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit begonnen. Teil dieses Studiums war ein Geländepraktikum in die Schweiz, bei dem sein Interesse für geographische Themen geweckt wurde, woraufhin er sich entschlossen hat anschließend einen Master in Geoarchäologie in Heidelberg zu machen. Während seiner Studienzeit hat er bei verschiedenen Projekten z.B. in den Alpen mitgearbeitet und konnte so sein berufliches Netzwerk aufbauen und sein theoretisches Wissen aus dem Studium in der Praxis anwenden. Nach seinem Studium 2018 hat er seine wissenschaftliche Arbeit an der Universität in Heidelberg weitergeführt und hat dort als Wissenschaftlicher Mitarbeiter, u.a. bei einem Projekt zum historischen Hochwasserschutz am Oberrhein, gearbeitet. Als Quereinsteiger in der Kampfmittelräumung ist er anschließend von der wissenschaftlichen Karriere in die Privatwirtschaft gewechselt. Zunächst hat Mario Ranzinger als Geophysiker in einer Firma gearbeitet, die sich speziell mit diesem Thema auseinandergesetzt hat. Dort hat er selbst auch noch viel praktisch im Feld gearbeitet, was sich allerdings geändert hat, als er in seinen jetzigen Beruf bei der Deutschen Bahn angefangen hat.
Kampfmittelräumung – Aufgaben & Tätigkeiten
Einer Schätzung zufolge liegen Stand 2020 noch ca. 100.000 Tonnen Kampfmittel und Blindgänger allein aus dem zweiten Weltkrieg in den Böden der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Diese stellen vor allem für die immensen Baumaßnahmen der Deutschen Bahn eine große Gefahr dar, weswegen die Kampfmittelräumung einen wichtigen Tätigkeitsbereich darstellt, um diese frühzeitig zu erkennen und, je nach Zustand, vor Ort zu entschärfen oder ggf. auch für eine kontrollierte Sprengung vorzubereiten. Um Aussagen über die etwaigen Belastungen in den Umbaubereichen zu erhalten, werden die entsprechenden Bereiche vorher mithilfe von Luftbild- und Archivauswertungen analysiert.

Mario Ranzinger sagt selbst, dass er die hohe Eigenverantwortung und die Flexibilität in seinem Job sehr schätzt. Auch wenn diese Arbeitsgestaltung Vor- und Nachteile mit sich bringt. Zudem ist jedes Projekt einzigartig, sodass bei jedem ein gewisses Grundwissen angewendet werden kann, aber dennoch jedes neue Aufgabenfelder mit sich bringt.
Aktuell ist Herr Ranzinger im Bereich der Fachplanung tätig. Das bedeutet, dass er die ingenieurtechnischen Anforderungen eines (bahntechnischen) Bauprojekts mit den historischen Daten aus den Luftbild-/Archivauswertungen verschneidet und hierbei Empfehlung für die Klärung und ggf. sogar Räumung des Kampfmittelverdachts ableitet.
Relevante Kenntnisse als Geograph:In für die Tätigkeiten
Um den Beruf „Kampfmittelräumer:In“ auszuüben, ist es nicht notwendig, eine spezielle Ausbildung in diesem Bereich absolviert zu haben, sondern man muss sich auf dieses Thema spezialisieren und Grundlagen der Geophysik (beispielsweise Georadar, Geomagnetik) und Grundlagen der Fernerkundung beherrschen. Jede:r Geograph:In kann in diesem Bereich tätig sein. Es ist ein Job, bei dem es keine tägliche Routine gibt, sodass man ständig neue Systeme benutzt und sich an diese anpassen muss. Mario Ranziger gab ein Beispiel aus dem Bereich der Geophysik. Er erzählte uns, dass es nicht notwendig ist, speziell Geophysik studiert zu haben bzw. dies als Schwerpunkt im Studium gehabt zu haben. Er selbst lernte, neben der bereits akquirierten Grundlagen aus dem Studium, weitere Verfahren während der praktischen Ausübung der Arbeit. Somit ist ein Grundverständnis für das Funktionieren und die Anwendbarkeit geophysikalischer Methoden wichtiger, als selbst die tiefergehende Theorie dahinter studiert zu haben.
So ist es bei der Arbeit an den Bahngleisen notwendig, Georadare zu verwenden, da aufgrund ferromagnetischer Störfaktoren im Gleisbereich magnetische Methoden ungeeignet sind und die Geoelektrik nicht optimal ist, da der Messaufbau viel Zeit in Anspruch nimmt.

Somit zeigt sich, dass sich das Geographiestudium bestens für den Quereinstieg in dieses Berufsfeld eignet. Auch wenn viele praktische Aspekte aus der physischen Geographie gefordert sind (Geophysik, Bodenkunde, etc.), so eignet sich auch beispielsweise die Geoinformatik (GIS, Fernerkundung) und auch die generell vermittelten Lehrinhalte perfekt hierfür, um komplexe Prozesse zwischen den planerischen, praktischen und recherchetechnischen Anforderungen im Berufsalltag zu meistern.