Wirtschafts- und Sozialgeographie DiTh
Digitalisierung in Thüringer Schulen
- Laufzeit: August 2022 - Dezember 2025
- Projektleiterin: Prof. Dr. Susann Schäfer
- Projektbearbeitung: Annika Heßmer
- Mittelgeber: Haushalt
- Projektbegleitung: Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
Über das Projekt
Die digitale Transformation betrifft nicht nur Technik oder Mediennutzung – sie verändert grundlegende gesellschaftliche Strukturen. Infrastrukturen, soziale Teilhabe, Daseinsvorsorge und regionale Entwicklung stehen unter zunehmendem Druck, sich den Anforderungen einer vernetzten und digitalisierten Welt anzupassen. Das Forschungsprojekt „Digitalisierung in Thüringer Schulen (DiTh)“ nimmt diese übergreifenden Mechanismen am Beispiel von Schulen in Thüringen in den Blick.
Im Zentrum steht die Frage, inwieweit sich Digitalisierung als Infrastrukturwandel im Raum manifestiert und welche Ungleichheiten sich dabei entstehen können.
Schulen dienen dabei nicht nur als Bildungsinstitutionen, sondern als analytische Zugangspunkte zur Untersuchung digitaler Disparitäten. Sie verbinden technologische, soziale, politische und regionale Dynamiken in besonderer Weise – und sind damit ein besonders aufschlussreicher Indikator für die strukturelle Qualität digitaler Transformation.
Das Projekt verfolgt einen mehrstufigen empirischen Zugang:
- Quantitative Vollerhebung aller staatlichen Schulen Thüringens (N = 775):
Auf Grundlage eines mehrdimensionalen Digitalisierungsindex werden technische Ausstattung, organisatorische Prozesse, pädagogische Integration sowie Kooperationen mit Schulträgern systematisch erfasst. Ziel ist es, den Digitalisierungsstand vergleichbar und regionale wie schulformspezifische Muster sichtbar zu machen. - Qualitative Tiefeninterviews mit Schulleitungen:
In einem zweiten Schritt wurden 20 leitfadengestützte Interviews mit Schulleiter:innen geführt. Diese qualitativen Daten vertiefen die statistischen Befunde, indem sie Handlungslogiken, Belastungen, Innovationspotenziale und Kooperationsbeziehungen aus der Innensicht sichtbar machen. Schulen werden dabei auch als soziale Infrastrukturakteure betrachtet – insbesondere in strukturschwachen Regionen.
Dabei ist Digitalisierung an Schulen kein rein technisches Modernisierungsprojekt, sondern ein Indikator und Katalysator bestehender sozialräumlicher Disparitäten. Wo Infrastruktur, Steuerung und personelle Ressourcen ineinandergreifen, gelingt digitale Transformation – wo diese Voraussetzungen fehlen, geraten Schulen unter Druck, kompensatorische Aufgaben zu übernehmen, die über ihr Mandat hinausgehen. Schulen dienen dabei als analytischer Zugangspunkt: Sie sind Orte, an denen sich Digitalisierung konkretisiert – technisch, pädagogisch, administrativ und sozial.
Ziel ist es also, Digitalisierung als Form sozialer Infrastruktur zu verstehen und sichtbar zu machen, wie sie bestehende Ungleichheiten zwischen Regionen, Schulformen und sozialen Milieus reproduziert, verstärkt oder in Teilen auch abmildert.
Damit leistet das Projekt nicht nur eine empirisch fundierte Bestandsaufnahme der schulischen Digitalisierung in Thüringen, sondern auch einen Beitrag zur theoretischen Diskussion um Digitalisierung als Infrastrukturpolitik. Es macht sichtbar, dass digitale Teilhabe systematisch und gerecht gestaltet werden muss – sonst droht die digitale Spaltung entlang von Geografie, Schulform und sozialem Milieu weiter zuzunehmen.